„Ich fühle mich seit meiner Kindheit ausgelaugt“, sagt die Klientin und umschließt ihre Tasse mit beiden Händen, als suche sie Halt. Ihre Schultern hängen schwer, und ihre Augen sind von dunklen Rändern gezeichnet, als hätte sie ein Leben lang eine unsichtbare Last getragen. „Egal, was ich tue, meine Kraft kehrt nie ganz zurück“, fügt sie mit einer Stimme hinzu, die kaum mehr als ein Flüstern ist. Sie heißt Clara, ist Mitte dreißig und hat schon alles versucht: Ärzte, Therapien, Meditation, sogar Auszeiten im Kloster. Doch die Erschöpfung blieb, die sich unaufhörlich an sie klammerte. Durch eine Freundin erfuhr sie vom Geistheiler Jesus Lopez und sah darin ihre letzte Hoffnung.

Der Heiler Jesus Lopez nickt verstehend und betrachtet sie mit einem Blick, der sowohl Mitgefühl als auch Neugier ausdrückt. „Lass uns gemeinsam herausfinden, woher diese Erschöpfung kommt“, sagt er und lädt sie ein, sich auf die weiche Liege zu legen. Immer mehr Menschen kommen zu ihm, die sich von den Anforderungen des Lebens überwältigt fühlen. Doch diese energetische Heilsitzung wird eine Überraschung zutage bringen, auf die keiner von beiden vorbereitet ist.

Während er seine Hände über ihr Energiefeld bewegt, durchströmt Clara eine sanfte Wärme, als würde Sonnenlicht durch ihre Adern fließen. Bei »normaler« Erschöpfung schlafen Klienten oft ein. Manchmal so tief, dass sie schnarchen. Durch seine langjährige Erfahrung als Heiler erkennt er jedoch, dass diese Sitzung anders sein wird. Eine tiefe Trance setzt bei ihr ein, ihre Gedanken verblassen, und sie sinkt in einen Zustand jenseits von Raum und Zeit. Ihre Seele ist bereit für eine tiefgreifende Heilung. Er benötigt keine hypnotische Einleitung; die Reise beginnt fast von selbst.

„Gehe zurück zum Ursprung deiner Erschöpfung“, flüstert er.

Plötzlich findet sich Clara an einem anderen Ort wieder. Warme Meeresluft streicht über ihre Haut, und der salzige Duft des Ozeans liegt in der Luft. Sie steht auf einer Klippe, unter ihr toben die Wellen gegen die Felsen. Ihr Energiefeld hat sich geweitet und jetzt kann der Heiler Jesus Lopez selbst Einblicke über ihr früheres Leben erhalten. Beide sind physisch noch im Behandlungszimmer, doch auf der geistigen Ebene sind sie in eine vergangene Inkarnation Claras eingetaucht. Was genau in ihr vorgeht, bleibt ihm jedoch verborgen.

„Wo bist du?“, fragt er.

„Ich bin auf Atlantis!“, antwortet sie in hypnotischer Entspannung.

Doch ein Zweifel keimt in ihm auf. Was er sieht und spürt, entspricht nicht ihrer Vorstellung. Mit sanfter Stimme stellt er die Frage: „Bist du wirklich dort? Überprüfe mit deinem Wissen über Atlantis, ob das, was du siehst, der Realität entspricht.“ Für einen Moment herrscht Stille. Dann beginnt Clara, genauer hinzusehen und überprüft im Geiste die Fakten. Ihre Umgebung verändert sich und stattdessen sieht sie sich selbst, wie sie auf einer zerklüfteten Klippe kauert. Ihre Kleidung ist zerschunden, ihr Körper von Wunden übersät. Unter ihr tobte die endlose Weite des Meeres, und die Erinnerung kommt mit voller Wucht wieder.

„Ich war ein Seefahrer“, flüstert sie. „Unser Schiff geriet in einen Sturm. Die Wellen zerschmetterten das Holz, die Crew ging verloren. Ich rettete mich auf diese Insel, aber es war keine Rettung. Es war ein Fluch.“ Ihre Stimme bricht, als sie von der tiefen Wunde an ihrem Bein erzählt, von den Tagen, die sie allein auf der Insel verbrachte, ohne Nahrung, ohne Hoffnung. „Ich war durch die Wunde dem sicheren Tod geweiht, aber ich wollte nicht sterben. Tag für Tag kämpfte ich ums Überleben“, sagt sie. „Ich klammerte mich an das Leben, selbst als mein Körper schon aufgegeben hatte, bis der letzte Atemzug verhallte. Aber meine Seele weigerte sich, zu gehen und ich verblieb im Körper.“

Wochen verstrichen, dann Monate. Doch die Zeit spielte keine Rolle mehr. Ihr Körper wurde Teil der Erde, ihr Geist blieb gefangen. Doch etwas Unerwartetes geschah. Eine parasitäre Kletterpflanze schlang sich um ihre verfallenen Knochen, und die Pflanze entzog Nährstoffe über die Wurzeln. Sie kroch an ihrer Wirbelsäule entlang, wuchs durch das Mark ihrer Knochen, verband sich sogar mit ihrer Energie und hielt sie auf eine unnatürliche Weise fest, bis sie eines Tages bereit war, den verwesten Körper zu verlassen. Der Heiler beobachtet, wie die Frau diese Erinnerungen durchlebt.

Der Blick des Heilers wird ernst und spürt mit seiner Hand entlang ihrer Wirbelsäule. „Diese Pflanze ist energetisch noch immer mit dir verbunden“, sagt er. „Sie entzieht dir Energie, so wie sie einst deinen Körper überwucherte. Deshalb die ständige Erschöpfung.“ Clara spürt es nun deutlich, ein unsichtbarer Griff, der ihre Wirbelsäule einengt und sich tief in ihr Energiefeld gegraben hat. Ein Schmarotzer, der sie selbst nach dem Tod nicht losgelassen hat.

Clara atmet tief durch. „Das erklärt so viel … Ich war bei unzähligen Ärzten, habe MRTs gemacht, Physiotherapie und niemand fand etwas. Aber ich wusste immer, dass da etwas nicht stimmt.“

Mit seinen heilerischen Händen übermittelt er Informationen an ihr energetisches System und die Pflanze, dass die Geschehnisse aus einem früheren Leben stammen und in diesem Leben nichts zu suchen haben.

„Ich werde deinen ungebetenen Gast jetzt entfernen. Es ist an der Zeit, euch voneinander zu trennen“, sagt er. Er legt seine Hände über ihren Rücken, und ein tiefer Druck durchströmt ihren Körper. Zunächst spürt sie ein sanftes Ziehen, dann ein Reißen, als würde etwas Unsichtbares aus ihr herausgelöst. Als er die Pflanze in vollkommenes Licht auflöst, durchfährt sie ein plötzliches Gefühl von Leichtigkeit, als ob sie zum ersten Mal wirklich frei atmet.

Mit den letzten Worten des Schutzgebets öffnet Clara langsam die Augen. Ein Kribbeln zieht durch ihren Körper, warm und pulsierend, als hätte jemand eine unsichtbare Fessel von ihr gelöst. Ihr Körper fühlt sich leichter an, ihr Geist ist klar. Mit Tränen in den Augen sieht sie den Geistheiler an und sagt: „Ich bin endlich frei.“